Nach einem erfolgreichen Auftakt des ersten Internationalen Forums der italienischen Spitzen und Stickereien im Mai 2003 lud die Vereinigung "ItaliaInvita" zum zweiten Treffen dieser Art vom 13. bis 16. Mai in diesem Jahr ein.
Anläßlich dieses Ereignisses organisierte Frau Stang eine Studienreise vom 7. bis 16. Mai nach Italien.
So international wie das Forum war auch die Zusammensetzung der Busreisegruppe. Die Mitreisenden kamen aus Deutschland, Niederlande, Belgien, Schweiz, Dänemark und Südafrika.
Am Nachmittag des gleichen Tages erreichten wir den kleinen Bergort Gandino in der Provinz Bergamo. In der aus dem 15. Jhd. stammenden Basilika, die der S. Maria Assunta geweiht ist, fanden wir wunderschöne Altardecken, die mit Klöppelspitzen verziert waren.
![]() Basilika |
![]() Altardecke |
![]() Goldspitze |
Extra für uns wurden in der Sakristei Pristergewänder mit Spitzen ausgelegt. Nebenan, im Museum der Basilika, befindet sich neben sakralen Kunstwerken eine große Spitzensammlung mit über 100 katalogisierten Gold- und Silberspitzen. Hier sind neben Mailänder und venezianischen auch Spitzen aus Flandern und Genua zu sehen.
Als kleine Zugabe besuchten wir die heilige Kreuzkirche. In der Sakristei wurden ebenfalls für uns Gewänder mit Spitzen zur Besichtigung ausgelegt.
Abends trafen wir in Rimini, Bellaria, ein.
Am Mittwochmorgen starteten wir zu unserem letzten Halbtagsausflug nach Sansepolcro. Die mittelalterliche Stadt im Tibertal liegt in der Province Arezzo im Westen der Toscana. Hier besuchten wir die Geschäftsstelle des Spitzenvereins.
Die Klöppelspitze wurde von Amalia Gelli, die das Handwerk von einer flämischen Nonne während ihres Gefängnisaufenthaltes erlernte, im 19. Jhd. in die Stadt gebracht. Sie gab ihr Wissen an die Schwestern Adele und Ginna Marcelli weiter. Beide nahmen Kontakt zu anderen italienischen Spitzenorten auf (wie z.B. Pescoconstanzo, Genua) und gründeten 1900 eine Klöppelschule.
Einige Jahre später fertigte Ginnas Ehemann, Domenica Petri, Entwürfe an und verbesserte somit die Qualität der Spitze.
Durch die industielle Revolution kam es auch hier zum Niedergang der Spitze.
Im Jahr 1996 wurde die Gesellschaft "Spitze in der Stadt von Piero" zur Bewahrung und Verbreitung der Klöppelspitze gegründet. Durch die Unterstützung der Gemeindeverwaltung konnte im gleichen Jahr eine dauerhafte Spitzenausstellung, die der Arbeit von Adele und Ginna Marcelli gewidmet ist, eröffnet werden.
![]() Alte Spitzen der Schwestern Marcelli |
![]() Klöppelkissen aus Sansepolcro |
Zurück in Bellaria begannen am Nachmittag Workshops, zu welchen man sich im Vorfeld angemelden mußte. Ich entschied mich für den Kurs zur Klöppelspitze von Pescocostanzo.
![]() Lehrerin Luigina Cocco erklärt die Spitze von Pecocostanzo |
![]() Spitze aus Pescocostanzo, Entwurf von Luigina Cocco |
Weitere Spitzenkurse wurden in den Techniken Gorizia Klöppelspitze, Cantu-Klöppelspitze (Rosaline), Häkelspitzeaus Orvieto, Nadelspitze Aemilia Ars und Nadelspitze aus Venedig angeboten. Stickkurse wurden in den Techniken der Ars Canusia, Ars Panicalensis (Tüllstickerei), Nadelmalerei, Reticellaspitze, Tambourstickerei und Stickerei auf Buratto durchgeführt.
Eine weitere Ausstellung zeigte das Lebenswerk von Antonilla Calli mit meisterhaft ausgeführten Werken in der Nadelspitze "Aemilia Ars".
Am Freitag wurden Fachvorträge gehalten. Am Samstag und Sonntag fanden Atelier-Workshops zum Ausprobieren verschiedener Techniken statt. Jeder Teilnehmer konnte 2 Kurse, die jeweils 2 Stunden dauerten, besuchen. Es standen 3 Spitzen- und 10 Stickereikurse zur Auswahl.
Am Montag kamen wir nach einer Übernachtung in Österreich geschafft, aber zufrieden mit dem gesammelten Wissen wieder nach Deutschland zurück.
© Text und Fotos: Petra Pönisch