Schnell war der diesjährige Sommer da und mit ihm der Fahrradurlaub. In diesem Jahr besuchten wir zum ersten Mal Schweden. Mit der Fähre von den Åland-Inseln kamen wir in Grisslehamn an und starteten in Richtung Westen. Durch die ehemalige Bergbauregion um Österbybruk und Söderfors radelten wir in die Region Dalarna.

Dort suchten wir in der Tourist-Information nach interessanten Sehenswürdigkeiten dieses Gebietes. Zufällig fand mein Mann ein Prospekt vom Textilmuseum Högbo. Natürlich wollte ich dort hin. Vielleicht konnte ich ja Spitzen anschauen. In Högbo bruk, etwa 8 km nördlich von Sandviken, eingetroffen, verblieb uns bis zur Öffnung des Museums jede Menge Zeit. Nach einer ausgiebigen Ortsbesichtigung betraten wir die Kirche. Auf dem Altar lag eine wunderschöne Klöppelspitze. Altardecke Högbo bruk
Ausschnitt Altardecke
Textilmuseum Högbo bruk
Textilmuseum Högbo bruk
Anschließend besuchten wir das Museum. In der Ausstellung wurden Spitzen und Textilien der Sammlerin Hedvig Ulfsparre gezeigt. Ihre Sammlung umfasst 7.000 Artikel und dokumentiert die schwedischen Kunstgewerbeerzeugnisse Anfang des 20. Jahrhunderts.
Im Haus gibt es einen großen Ausstellungsraum und ein Studierzimmer. Letzteres ist zum textilen Selbststudium eingerichtet. Hier stehen Arbeitstische mit Büchern, Regale mit doppelseitig herausziehbaren Rahmen mit Textilobjekten sowie kleine Schubladen mit Stoffproben. Selbstverständlich fanden wir auch jede Menge Klöppelspitzen. Rahmen mit Spitzen
Rahmen mit Klöppelspitzen aus Vadstena

Die Museumswärterin beobachtete mein spezielles Interesse und machte uns auf ein Klöppelspitzenmuseum in Gangnef aufmerksam. Sofort wurde der Ort in unsere Reiseroute aufgenommen.

Grubenmuseum Falun
Grubenmuseum Falun
Zunächst machten wir in der Stadt Falun, etwa 70 km westlich von Sandviken, halt. Diese ist vor allem durch ihren Kupferbergbau bekannt geworden. Von hier stammt auch die berühmte Faluner Rotfarbe, die überall in Skandinavien zum Anstrich der Häuser benutzt wird. Heute ist das Kupferbergwerk stillgelegt und dient als Museum. Im Dezember 2001 wurde diese Bergbaugegend in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.
In der ehemaligen Grubenverwaltung wurde ein Museum eingerichtet. Im Sitzungssaal verziert eine Klöppelspitze den Altartisch. Altarspitze Falun
Altarspitze im Grubenmuseum Falun

Im Stadtzentrum befindet sich das Dalarnamuseum. In der Textilabteilung schmückten Spitzen die Bekleidung. Hier entdeckte ich wieder einen Hinweis auf die Klöppelspitzen von Gangnef. Dieser Ort, 40 km westlich von Falun, war unser nächstes Ziel.

Adelborgmuseet
Adelborgmuseet Gagnef
Das große Schild "Adelborgmuseet" zeigt den Weg zur alten Probstei. In diesem Haus wurde 1991 ein Museum für Klöppelspitze eröffnet.
Seit Mitte des 17. Jahrhunderts wurde in dieser Gegend geklöppelt. Die Spitzen wurden hauptsächlich für Trachten verwendet. Jedes Gebiet besaß seine eigene Tracht mit einer dazugehörigen Spitze. Geklöppelt wurde auf einer mit getrocknetem Moos gestopften sowie mit rotem und grünen Wollstoff überzogene Klöppelrolle. Darum ist ein karierter oder gestreifter Baumwollstoff befestigt. Sie liegt in einem Holzkästchen. Die Klöppel sind aus dem Holz des Wachholders gedrechselt. Gearbeitet wird nach einer Vorlage oder einem Foto zwischen den Streifen oder Kästchen des Baumwollstoffs. Da es keinen Klöppelbrief gibt, wird die Spitze auch "Freihandspitze" genannt. Freihandspitze
Freihandspitze im Adelborgmuseet

Mit der Industriealisierung am Ende des 18. Jahrhunderts verlor die Tracht ihre Bedeutung. Die Nachfrage nach Spitze ging zurück. Das Klöppeln begann auszusterben.

Im Jahre 1902 kam Eva Ottilia Adelborg (1855 bis 1936) nach Gangnef und fand Gefallen an der Gegend. Dorthin ließ sich die bedeutende Malerin und Kinderbuchautorin 1903 nieder. Ihre Sammelleidenschaft von Gebrauchsgegenständen erweiterte sie auf die ortsüblichen Trachten und andere alte Kleidungsstücke. Damit rettete sie viele Kostbarkeiten von unschätzbaren Wert. Um die Klöppelei zu erhalten, gründete Ottilia Adelborg 1903 eine Kinderklöppelschule. In welcher sie später selbst unterrichtete. Mit ihrem Engagement für Kunst und Kultur machte sie sich um die Erhaltung der Tradition verdient.

Im Museum werden neben typischen Klöppelarbeiten aus Darlarna und Vadstena auch ausländische Spitzen, die Ottilia auf ihren Reisen gesammelt hat, ausgestellt. Ein weiteres Zimmer zeigt Trachtenmode.

Spitzenhaube
Spitzenhaube aus Dalarna
Spitzentracht
Spitzentracht aus Dalarna

Im Erdgeschoß werden in Gedenken an die vielseitige Frau Ottilia Adelbourg Themenausstellungen mit ihren Kunstwerken, wie Aquarelle, oder Tusche- und Ölbilder, gezeigt.

Während ihrer Studienzeit an der Kunstfachschule in Stockholm lernte Ottila Anders Zorn kennen. Er baute 1904 ebenfalls eine eigene Textilsammlung auf. In dieser sind weitere Stücke der Adelbourgschen Klöppelspitzensammlung ausgestellt. Sie sind heute zu sehen in Zorns Textilsammlung im Ort Mora, welcher sich 70 km nördlich von Gangnef befindet.

Von Mora fuhren wir mit der Inlandsbanan, einem Touristenzug, nach Gällivare in Lappland und setzten unsere Reise nach Rauma in Finnland fort, um dort die Klöppelwoche zu besuchen.

© Text und Fotos: Petra Pönisch
Oktober 2003